„Am Ende entscheidet immer der Markt“

Im MFG-Interview spricht Dr. Martin Allmendinger über sein Buch „Digitale Innovationen entwickeln“ und erklärt, weshalb es wichtig ist, als Firma am Zahn der Zeit zu bleiben

Dr. Martin Allmendiger berät Unternehmen auf ihrem Weg zur Umsetzung von digitalen Innovationsprojekten
Dr. Martin Allmendiger berät Unternehmen auf ihrem Weg zur Umsetzung von digitalen Innovationsprojekten | Bild: Allmendinger/ OMM Solutions

Die Corona-Pandemie bringt neuen Schwung in die Digitalisierung von Unternehmen. Passend dazu erschien kürzlich das Buch „Digitale Innovationen entwickeln: Die besten Ansätze und Methoden“ von Dr. Martin Allmendinger. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der OMM Solutions GmbH in Stuttgart und berät und begleitet mittelständische Unternehmen auf ihrem Weg zur Umsetzung von digitalen Innovationsprojekten. Als Coach im hochschulübergreifenden Labor für kooperatives Arbeiten (HOLA) der MFG Baden-Württemberg unterstützt er Studierende, Dozent*innen und Professionals beim Entwickeln von innovativen Ideen.

In „Digitale Innovationen entwickeln“ führt Allmendinger zahlreiche Methoden auf, wie man die Möglichkeiten der Digitalisierung ins eigene Unternehmen hineinbringt. Weshalb es wichtig ist, als Firma am Zahn der Zeit zu bleiben und was den kreativen Schaffensdrang bremst, erzählt er im Interview zu seinem neuen Buch.

Sie schreiben, Innovation kann nicht geplant und schon gar nicht durch fixe Strukturen erschaffen werden. Gleichzeitig haben Sie und ihre Kolleg*innen mit ihrem neuen Buch “Digitale Innovationen entwickeln“ einen Taschenguide zu genau diesem Thema veröffentlicht. Wie passt das zusammen?

Ich vergleiche Innovation gerne mit Leistungssport. Nicht jeder kann an der Spitze mithalten. Aber es gibt viele Stellschrauben, die dafür sorgen, dass man gut mithalten kann. Das Buch ist deshalb mehr als ein Werkzeugkasten für den täglichen Gebrauch gedacht, statt einer absoluten Strategie, wie man das nächste Facebook wird.

Mit ihrer Firma OMM Solutions bieten sie „Innovation als Service“ an. Wie muss man sich das vorstellen?

Wir erleben bei unserer Arbeit oft, dass die Innovationsabteilung unter der klassischen Produktentwicklung angeordnet ist. Dabei hat der digitale Wandel mittlerweile alle Bereiche einer Organisation erfasst. Dieser reicht vom Bestellprozess über Logistikaufgaben bis hin zur Kundenbetreuung. Oftmals fehlt jedoch die digitale Kompetenz in den Firmen, um auf neue Lösungen zu kommen oder diese zu entwickeln. Hier kommen wir ins Spiel, welche dieses Wissen diese Perspektive und diese Fähigkeiten miteinbringen.  

War dieses Unwissen über die digitalen Möglichkeiten und die zunehmende Notwendigkeit für Innovation der Grund für das Buch?

Die Motivation lag sicher darin, Innovation in all seinen Facetten verständlich zu präsentieren. Dabei haben wir versucht, das Thema möglichst plakativ und praktisch anzugehen. Für Firmen, die seit 100 Jahren das gleiche produzieren, ist es natürlich schwierig in digitalen Möglichkeiten zu denken. Da bietet unser Buch einen guten Ansatzpunkt, um das bisherige Geschäftsmodell zu überdenken oder zumindest weiterzuentwickeln.

Wenn die Unternehmenszahlen seit 100 Jahren stimmen, kann man das Innovieren doch getrost sein lassen.

Wenn die Annahmen und Marktanforderungen gleich bleiben ja. Allerdings ist es gefährlich so zu denken. Wenn man den Markt und die neuen Kundenbedürfnisse nicht im Blick behält, kann ein Umsatzeinbruch schnell und überraschend kommen. Bereits bekannte Beispiele wie Kodak oder Nokia zeigen dies. Der digitale Markt hat solche technologischen Umbrüche noch beschleunigt. Mit einem Mausklick hat der Kunde heute plötzlich zu einer für ihn besseren Lösung gewechselt.

Wieso fällt es uns denn so schwer, in neuen Wegen zu denken?

Vor allem in Deutschland sind wir sehr darauf fokussiert, dass am Ende eines Projektes ein hervorragendes Produkt herauskommen muss. Es stimmt zwar, dass Innovation erst dann so genannt werden kann, wenn am Ende eine Wertschöpfung erzielt wird. Aber der Weg, der dahinführt ist genauso wichtig, wie das eigentliche Ergebnis. Spotify, YouTube, Facebook oder Slack sind alles Beispiele für Firmen, die mit ganz anderen Geschäftsideen begonnen haben und erst auf dem Weg gemerkt haben, wohin die Reise eigentlich geht. Amazon-Gründer Jeff Bezos hat einmal schön gesagt: „Es ist kein Experiment mehr, wenn man weiß, dass es funktionieren wird.“ Wer etwas Neues wagt, muss das Risiko eingehen, dass er scheitert.

In ihrem Buch kommt heraus, dass sie kein großer Fan von bloßen Ideen sind. Weshalb?

Heutzutage gibt es unzählige Lösungen. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, Probleme zu finden, die es wert sind gelöst zu werden. Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, solche werthaltigen Probleme zu identifizieren. Deshalb plädiere ich dafür, so schnell wie möglich Rückmeldungen von seinen Kund*innen zu neuen Produkten oder Dienstleistungen zu erhalten. Nur so erfährt man, ob man auf dem richtigen Weg ist.

Einen Ansatz den sie als Coach im hochschulübergreifenden Labor für kooperatives Arbeiten (HOLA) der MFG verfolgen? Darin suchen interdisziplinäre Teams nach neuen Lösungsansätzen für verschiedene Auftraggeber aus der Wirtschaft.

Ja, dort versuchen wir sehr kundenzentriert Probleme oder Herausforderungen zu lösen. Das beginnt damit, dass man erst einmal den Tagesablauf eines prototypischen Nutzers skizziert und dann erst schaut, wie man als Unternehmen ins Spiel kommt. HOLA bietet dafür den perfekten Rahmen. Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie mit den richtigen Methoden selbst zwischen Studierenden aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen innovative Lösungsansätze gefunden werden können. Viele Firmen sind noch weit davon entfernt, solch offene und abteilungsübergreifende Strukturen der Zusammenarbeit zu haben.  

Was begeistert Sie am Meisten am Coachen?

Ich finde es spannend jeweils zu erfahren, was für einen Weg die Gruppen hinter sich haben. Manchmal bin ich selbst überrascht, wenn ich nach zwei Wochen wieder ein Update von meiner Gruppe erhalte und plötzlich ganz andere Ideen weiterverfolgt werden als ursprünglich angedacht. Genau hierin liegt der kreative Prozess, der zur Innovation führt.

Sie haben anfangs erwähnt, dass es nicht die eine richtige Strategie gibt, um eine innovative Unternehmenskultur zu schaffen. Gibt es jedoch einen absoluten Innovationskiller in Organisationen?

Interne Bewertungen. Das zeugt von einer Unternehmensführung, welche die eigene Meinung höher gewichtet als die Kundenbedürfnisse und damit das direkte Marktfeedback. Es ist sehr oft eher arrogant anzunehmen, dass man als nicht datenbasiertes Unternehmen besser als die Kund*innen selbst wüsste, wie sie ticken. Umso kreativer muss man als Unternehmen sein und herausfinden, ob der Kunde anspringt. Denn am Ende entscheidet immer der Markt, was die beste Lösung ist.

Autor: Emil Keller

Mehr Infos: 

HOLA
OMM Solutions

 

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Dr. Andrea Buchholz
Dr. Andrea Buchholz

Leiterin Projektteam Talent- und Forschungsförderung

Unit Kultur- und Kreativwirtschaft