Gründen in der Gamesbranche – wie geht das? Worauf kommt es dabei an und wie können neue Studios dauerhaft bestehen? Und wie entwickelt der Markt sich in den nächsten Jahren?
Antworten auf diese Fragen gibt Odile Limpach im MFG Newsletter Kreativ. Sie ist Co-Gründerin und Managing Director des Accelerators SpielFabrique, der internationale Games-Studios berät und bei der Professionalisierung unterstützt. Als Professorin am Cologne Game Lab der Technischen Hochschule Köln unterrichtet sie Studierende in den Bereichen Wirtschaft und Unternehmertum. Für die MFG Baden-Württemberg ist sie Mitglied der GamesBW-Jury und mit der SpielFabrique Partnerin des Developer Boost.
Sie begleiten viele junge Games-Studios – Wo sehen Sie die größten Fallstricke bei Neugründungen und worauf kommt es für den Erfolg an?
Viele junge Studios unterschätzen die betriebswirtschaftliche Seite der Gründung. Leidenschaft fürs Spiel allein reicht nicht – ohne klares Geschäftsmodell, eine sinnvolle Rollenverteilung im Team und ein realistisches Finanzmanagement geraten Projekte schnell ins Stocken. Wer von Anfang an auch unternehmerisch denkt, hat deutlich bessere Chancen, sich langfristig erfolgreich am Markt zu etablieren.
Welche Trends prägen den Gamesmarkt aktuell?
Der Markt entwickelt sich stark in Richtung nachhaltiger Geschäftsmodelle wie Live-Service-Games sowie hin zu Nischenmärkten mit klarer Zielgruppenansprache und dem Aufbau starker Communities. Gleichzeitig gewinnen Indie-Produktionen an Qualität und Sichtbarkeit. Auch Themen wie Barrierefreiheit, Diversität und ökologische Verantwortung beeinflussen zunehmend die Entwicklungsprozesse.
Was bedeutet das für Studios? Wie verändern sich zum Beispiel Zielgruppen, Formate oder Geschäftsmodelle?
Studios müssen lernen, strategisch zu denken und sich gezielt zu positionieren – nicht jedes Spiel muss alle ansprechen. Die Zielgruppen sind diverser, älter und anspruchsvoller geworden. Formate wie episodisches Erzählen, Community-getriebene Entwicklung oder Spiele mit Bildungsbezug nehmen zu. Hybride Monetarisierungsmodelle – von Premium über Subscriptions bis zu Crowdfunding – werden immer relevanter.
Welche Art von Spielen werden Studios in den nächsten zehn Jahren entwickeln und für wen?
Die Spiele der Zukunft werden vernetzter, immersiver und thematisch vielfältiger sein. Es wird mehr Spiele geben, die gesellschaftliche Themen aufgreifen oder neue Technologien wie KI und XR integrieren. Die Zielgruppen reichen von klassischen Core-Gamern über Hybrid-Casual-Spieler*innen bis hin zu Bildungseinrichtungen, kulturellen Institutionen oder therapeutischen Anwendungsfeldern. Auch User Generated Content wird eine zunehmend wichtige Rolle spielen.
Die Spielfabrique vernetzt Games mit Branchen wie Film, XR oder dem Buchmarkt. Was treibt diese Cross-Innovation – und wie profitieren die Beteiligten?
Cross-Innovation entsteht dort, wo kreative Inhalte auf neue Technologien treffen – Games bieten mit ihrer interaktiven Struktur enormes Potenzial für transmediales Erzählen. Buchverlage, Filmproduktionen oder XR-Studios bringen spannende Narrative und etablierte IPs mit, während Games neue Zugänge, Zielgruppenbindung und Interaktivität ermöglichen. Alle Beteiligten profitieren von gemeinsamem Know-how, neuen Märkten und innovativen Formaten.
Werden wir künftig überhaupt noch in getrennten Branchen wie Games, Film oder Design denken?
Die Grenzen verschwimmen zunehmend. In den kreativen Industrien wird man künftig eher in Ökosystemen denken als in festen Sparten. Technologische Entwicklungen wie Game Engines, KI oder immersive Medien verbinden Formate und schaffen neue Schnittstellen – das erfordert neue Formen der Zusammenarbeit und neue Berufsbilder. Die Herausforderung besteht darin, diese Vielfalt gezielt zu nutzen und strategisch zu gestalten.
Was motiviert Sie persönlich und was können Sie jungen Gründer*innen mit auf den Weg geben?
Mich motivieren die Kreativität und das Engagement der Gründungsteams – jedes neue Studio bringt eine einzigartige Idee mit. Mein Rat an Gründer*innen: Baut ein solides Fundament. Kennt eure Stärken, aber auch eure Grenzen. Holt euch frühzeitig Feedback, vernetzt euch mit anderen und bleibt geduldig – Erfolg in der Gamesbranche ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf.
Wenn Sie heute selbst ein Studio gründen würden – was für ein Spiel würden Sie entwickeln?
Diese Frage lasse ich bewusst offen – ich habe kein eigenes Studio gegründet, sondern mit SpielFabrique eine Plattform ins Leben gerufen, die Gründer*innen bei genau diesem Schritt unterstützt. Mein Fokus liegt darauf, andere Teams auf ihrem Weg zu begleiten, zu stärken und langfristig erfolgreich zu machen.