Experte Martin Zierold im Gespräch: Was ist nachhaltiger digitaler Wandel?

Und warum ist er wichtig für Museen und Kultureinrichtungen?

Mann vor einem Baumstamm.
Professor Dr. Martin Zierold leitet das Institut für Kultur- und Medienmanagement der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und ist Experte für Transformationsprozesse. | Bild: Christina Körte
| Stuttgart

Professor Dr. Martin Zierold ist Leiter des Instituts für Kultur- und Medienmanagement der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, an dem er die Zajadacz-Stiftungsprofessur für Innovation durch Digitalisierung innehat. Dort befasst er sich mit der Strategie und Organisationsentwicklung, freiberuflich arbeitet er zudem als systemischer Coach, Lehrtrainer und Berater. Für unseren Newsletter Digitale Kultur haben wir ihn zum Thema nachhaltiger digitaler Wandel befragt.

Was ist nachhaltiger digitaler Wandel?

Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Auch im Digitalen Feld darf man beispielsweise die ökologische Nachhaltigkeit nicht vergessen, weil auch durch die Nutzung digitaler Infrastrukturen erhebliche Ressourcen verbraucht werden können. Mit Blick auf die organisationale Nachhaltigkeit ist Digitaler Wandel dann gelungen, wenn er wirklich tief in der Organisation verankert ist. Wenn wir irgendwann nicht mehr über „Digitalisierung“ sprechen, weil digitale Angebote, digitale Verwaltungsprozesse usw. selbstverständlich geworden sind – dann sind wir wirklich in der Nachhaltigkeit angekommen.

Warum ist nachhaltiger digitaler Wandel wichtig für Museen und Kultureinrichtungen?

Beim digitalen Wandel geht es längst nicht mehr um das „Ob“, sondern um das stimmige „Wie“. Vieles läuft bereits digital ab – sowohl hinter den Kulissen als auch sichtbar für die Nutzer*innen. Gerade in der Corona-Zeit haben viele Organisationen einen Digitalisierungsschub erlebt, der zugleich aber zu viel Wildwuchs geführt hat. Jetzt ist die Zeit, wieder systematischer zu agieren. Das macht sowohl Prozesse im Hintergrund einfacher – selbst so vermeintlich banale Dinge wie Urlaubsanträge oder Zeiterfasung – als auch das Museum zugänglicher für verschiedene Nutzer*innen und Nutzungsweisen.

Was passiert aktuell beim Modul Nachhaltigkeit im Rahmen des Projekts „Museen im Wandel III“ der MFG Baden-Württemberg?

Wenn Veränderung im Rahmen von Projekten angestoßen wird, stellt sich immer die Herausforderung, wie aus dem begrenzten Rahmen des Projekts Impulse in die Organisation entstehen können. Das Modul Nachhaltigkeit ist ein Coaching- und Beratungsprozess, der die beteiligten Häuser dabei unterstützt, sehr bewusst zu definieren, wie die Ergebnisse der Projekte auch nach Ende der Laufzeit lebendig und wirksam bleiben und die größere Entwicklung der digitalen Transformation im Haus befördern können.

Wie können Museen und Kultureinrichtungen identifizieren, welche Art von Wandel für sie Sinn macht?

Jedes Haus ist einzigartig. Natürlich kann man sich von anderen Organisationen inspirieren lassen, aber am Ende ist es wichtig, dass jedes Museum den eigenen Weg findet. Wenn ich Institutionen auf diesem Weg begleite, beginne ich erst einmal mit ganz grundlegenden Fragen, die noch gar nichts mit Digitalem Wandel zu tun haben: Was ist der Auftrag des Hauses? Welche Funktion erfüllt es? Wer sind wesentliche Zielgruppen oder Partner*innen? Im Kern geht es um die Frage: „Warum ist es wichtig, dass es Euch gibt?“ Und von diesem Warum aus lässt sich dann auch ableiten, welche digitalen Aktivitäten zum Angebot passen. Etwas prosaischer ist es, wenn es um digitale Verwaltungs- und Arbeitsprozesse geht. Auch hier ist es wichtig, den individuell passenden Weg zu finden, zugleich ist es gut, nicht für alles das Rad neu zu erfinden und sich zum Beispiel mit vergleichbaren Häusern zu vernetzen und auszutauschen, welche Lösungen sich für Verwaltungsprozesse bewähren.

Was sind die größten Herausforderungen bei nachhaltigem Wandel?

Das kann ganz unterschiedlich sein: Mal fehlen die Ressourcen; andernorts ist zwar Geld vorhanden, aber Stellen können nicht besetzt werden; wieder anderswo verzettelt man sich im Meer der vielen Ideen, die alle wünschenswert sind. Und mit Blick auf Nachhaltigkeit stellt sich dann zusätzlich die gerade schon angerissene Frage, wie aus spannenden Projekten langfristig wirksame Veränderung entsteht.

Wie können diese Herausforderungen am besten bewältigt werden?

Zunächst einmal ist es normal, dass es Herausforderungen gibt. Das sollte niemanden zurückschrecken lassen. Wenn es einfach wäre, dann wäre ja alles längst passiert. Ich empfehle mit einer Portion Gelassenheit und einer klaren Fokussierung auf die Frage „Was ist jetzt wesentlich?“ Schritt für Schritt vorzugehen. Bill Gates wird der Satz zugeschrieben, dass die meisten Menschen überschätzen, was sie in einem Jahr, aber unterschätzen, was sie in zehn Jahren erreichen können. Das gilt auch hier: Man darf sich kurzfristig nicht überfordern und sollte zugleich langfristig ambitioniert sein und mit Stringenz und langem Atem an den wesentlichen Entwicklungen arbeiten.

Quelle: Martin Zierold/MFG Baden-Württemberg

 

Mehr Infos:

Martin Zierold

Video: Nachhaltiger Digitaler Wandel im Museum mit Martin Zierold

Museen im Wandel

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