Die gnadenlose Jagd auf „Follower

Der MFG-geförderte Dokumentarfilm „Roamers“ hat in Stuttgart Premiere gefeiert. Er beleuchtet Lebensentwürfe digitaler Nomaden auf ihrer Suche nach Selbstverwirklichung.

Seit knapp vier Wochen dürfen Kinos wieder öffnen, der Zuspruch nach monatelangem Lockdown ist groß. Zwar ist die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen weiterhin eine Belastung für Filmschaffende, allerdings war bei der Kino-Premiere von "Roamers - Follow your Likes" vor allem eines zu spüren: Aufbruchstimmung und große Freude, dass Filmschaffende, Förderer und Kinofans wieder live auf ihre Kosten kommen. In einem - coronakonform - gefüllten Delphi Arthaus Kino in Stuttgart verfolgten die Zuschauer gespannt vier unterschiedliche Lebensentwürfe digitaler Nomaden, die ihre Selbstverwirklung mit der ganzen Welt teilen - und über die Likes ihrer Follower Geld verdienen wollen und müssen. Was sie eint: Sie wollen frei sein und sind dabei kompromisslos. Carl Bergengruen, Geschäftsführer der MFG Filmförderung, betont: „Dass die pandemische Lage solch einen Abend zulässt, ist eine große Freude. Dieser Film legt den Fokus auf ein zentrales Thema der vergangenen Pandemie-Monate, den Umgang mit Rückzug und Vereinzelung.“

"Die Einsamkeit war Belastung und Chance zugleich"

Die aus Baden-Württemberg stammende Regisseurin Lena Leonhardt hat sich zwei Paare und zwei Einzelkämpfer*innen ausgesucht, die polarisieren. Jonna Kilian-Vostell stieß Job und Ehemann ab für ihren Traum, über das Meer zu segeln. Dabei war sie auf sich selbst gestellt, nur ihr Hund leistete ihr Gesellschaft.

"Die Einsamkeit war Belastung und Chance zugleich", sagte sie im Gespräch mit dem Publikum. Die 32-Jährige strahlte Mut zur Veränderung aus, sogar ihre Mutter, die ihr oft zum Abruch ihrer Mission riet, ist heute ihr "größter Fan". Der MFG-geförderte Film sorgte anschließend beim Get Together für rege Debatten. Jonnas Entscheidung beeindruckte viele. Sie ist mittlerweile Mutter einer kleinen Tochter und lebt in Berlin. Sie würde "wieder so entscheiden".

Der Camino Filmverleih bringt den Film in die deutschen Kinos, realisiert wurde das Projekt von der Royal Film Company. Die MFG förderte den Film in der Produktion und im Verleih. Nicht nur der Doku-Film "Roamers" hat in Pandemiezeiten von der MFG-Förderung profitiert, sondern auch der Gastgeber der Premiere. "Ohne Unterstützung gäbe es uns heute nicht mehr", betonte Peter Erasmus, Betreiber der Stuttgarter Arthaus Kinos und erntete dafür großen Applaus.

Regisseurin Lena Leonhardt und Protagonistin Jonna Kilian-Vostell mit Team
Verstehen sich: v.l Regisseurin Lena Leonhardt und Protagonistin Jonna Kilian-Vostell mit Team | Camino/Sebastian Kaspar

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In einer Gesellschaft, in der alle Grundbedürfnisse längst gestillt sind, wird eine Utopie zum Lebensziel einer ganzen Generation: absolute Freiheit und Unabhängigkeit. Raus aus dem Hamsterrad des ewig Selben. Kein nerviger Arbeitsplatz, kein „wofür das eigentlich alles?", kein Leben zwischen Staus, schlechtem Wetter und sich immer wieder ins-Wochenende-retten mehr. Stattdessen ein selbstbestimmtes Leben als Weltbürger. Das Motto: aus jedem Tag das Bestmögliche rausholen - und dabei trotzdem ordentlich Geld verdienen. Die sogenannte digitale Revolution und billige Flüge machen's möglich. Und so fluten Eindrücke dieses „freakin' fantastic life" die Feeds von lnstagram & Co - und machen es ihren normalsterblichen Followern schwer, eine Rechtfertigung für das offenbar mittelmäßige Leben zu finden, das sie führen.

Quelle: Camino Filmverleih

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