Digitale Webserie: Albert Einstein wird lebendig durch Facial Animation

Menschliche Mimik überzeugend zu animieren: Daran forschte die Filmakademie Baden-Württemberg, unterstützt von der MFG Stiftung

Computeranimierte Filme begeistern. Sie entführen den Zuschauer in Superwelten, dort ist alles wie in bunten Träumen. Virtuelle Figuren haben Fähigkeiten, die man sich im echten Leben wünscht: Sie sind rasend schnell, bärenstark, sie überwinden Zeit und Raum, ihr Wissen ist unerschöpflich und sie kennen weder Hunger noch Müdigkeit.

Designer gestalten die digitalen Charaktere anhand menschlicher Vorbilder – und das Publikum findet sich in ihnen wieder. Worin echte Schauspieler bislang die Nase vorn haben, ist eine authentische Gestik und Mimik. Digitale Figuren wirken auf uns vertraut und menschenähnlich. Fehlen aber die subtilen menschentypischen Mikrobewegungen im Gesicht und am Körper, findet man die Figur schnell hölzern und unecht.

Es ist schwierig, virtuellen Charakteren eine emotional überzeugende Mimik zu verleihen, die an die realer Schauspieler herankommt. Motion-Capture-Systeme wie das Performance Capturing erfassen die Mimik eines Schauspielers mit aufgeklebten Gesichts-Markern. Für ein befriedigendes Ergebnis müssen die Bewegungsdaten aufwendig manuell nachbearbeitet werden. Dann werden sie auf die Computerfigur übertragen.

Forschungsprojekt: Animationsfilm mit täuschend echtem Einstein

Die Forschungsabteilung des Animationsinstituts der Filmakademie Baden-Württemberg suchte Lösungen: Ihr Projekt „Digitale Darsteller in dokumentarischen Filmproduktionen”  sollte glaubhafte menschliche Mimik für digitale Figuren entwickeln. Diese innovative Forschungsarbeit förderte die MFG Stiftung im Rahmen des Karl-Steinbuch-Forschungsprogramms. Projektleiter Prof. Volker Helzle und sein Team arbeiteten von 2015 bis 2017 an der Produktion eines Kurzfilms. Ziel: in 60 Sekunden eine historische Persönlichkeit digital so darzustellen, dass ihre menschliche Mimik den Zuschauer überzeugt. Nun liegt das Ergebnis vor: eine digitale Webserie über den Quantenphysiker Albert Einstein.

Das weltweit bekannte Gesicht des Wissenschaftlers diente als Forschungsthema. Helzle und das Projektteam entwickelten eine doku-fiktionale Miniserie von und mit einem lebensechten virtuellen Albert Einstein.
 

Drei Folgen als YouTube-Videos

Das Team produzierte drei Episoden als YouTube-Clips. In den einzelnen Folgen kommentiert Einstein aktuelle Nachrichten und verwendet dabei einige seiner bekannten Zitate. In jeder Folge standen andere Emotionen Einsteins im Fokus, um viele Facetten der digitalen Mimik zur Geltung zu bringen: fröhlich, nachdenklich, verzweifelt und wütend.

Produktion: die einzelnen Schritte

  1. Basis für die Methode war das Facial Animation Toolset (FAT): Die Filmakademie hatte es eigens für komplexe Face-Rigs, d.h. digitale Raster von menschlichen Gesichtern entwickelt.
  2. Aus dem FAT verwendeten die Forscher das Tool Adaptable Facial Setup (AFS), das die Bewegungen einzelner Gesichtsmuskeln in eine beliebigen Animation umzuwandelt.
  3. Ein Bildhauer fertigte eine Büste Einsteins in 3-D an. Diese wurde eingescannt, digitalisiert und am Computer detailgetreu ausgestaltet.
  4. Die Filmszenen wurden mit einem Schauspieler gedreht
  5. Mithilfe des AFS wurde ein Gesichts-Rig erstellt: Die digitale Version von Einsteins Gesicht ersetzte das Gesicht des Schauspielers.
  6. Die Mimik des Schauspielers wurde zur Mimik des digitalen Einstein.

Der Artikel „Einstein lebt!” beschreibt denProduktionsprozess im Detail.

 

Das Projekt kann eine Referenz für zukünftige digitale Filmproduktionen sein. Die Tools FAT und AFS des Animationsinstituts sowie die entstandenen Datensätze sind Hilfsmittel für digitale Mimik. Sie stehen als frei verwendbare Downloads auf der Projektseite des Animationsinstituts. Die Erkenntnisse der Produktion werden publiziert, bei Konferenzen vorgestellt und stehen somit der gesamten Kreativwirtschaft als exemplarische Vorgehensweise zur Verfügung.
 

Die Medien berichten: TV-Termine im April

Diese Woche steht in Baden-Württemberg mit dem Internationalen Trickfilm-Festival Stuttgart und der Konferenz FMX alles im Zeichen der Animation. Passend dazu berichten mehrere Fernsehsender über das Forschungsprojekt „Digitale Darsteller” (Angaben ohne Gewähr):

Im Oktober präsentiert Prof. Volker Helzle sein Projekt

Der Wissenschaftler berichtet am 10. Oktober 2018 über „Digitale Darsteller” bei der Abendveranstaltung „Kreative und Forschende - Gemeinsam im Dschungel technischer Möglichkeiten“ im Stuttgarter Literaturhaus. Sie gehört zur „Veranstaltungsreihe zum Abschluss des Karl-Steinbuch-Forschungsprogramms: Welten verbinden“.

Autorin: Maike Schwarz

Mehr Infos:

Forschungsprojekt „Digitale Darsteller in dokumentarischen Filmproduktionen” (Karl-Steinbuch-Forschungsprogramm)
Forschungsprojekt „Digitale Darsteller in dokumentarischen Filmproduktionen” (Animationsinstitut)
Karl-Steinbuch-Forschungsprogramm
Webserie auf YouTube (dreiteilig) 
Animations-Tools des Forschungsprojekts (Creative Commons) 
Artikel „Einstein lebt!”

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Kontakt

Dr. Andrea Buchholz
Dr. Andrea Buchholz

Leiterin Projektteam Talent- und Forschungsförderung

Unit Kultur- und Kreativwirtschaft