Kathrin Radtke ist Gründerin des Game-Studios Spellgarden Games und Vertreterin des game Baden-Württemberg, der regionalen Vertretung des Verbands der deutschen Games-Branche. Gemeinsam mit regionalen Akteur*innen setzt sie sich für die umfassende Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Games-Standort Baden-Württemberg ein.
Mit der Interviewreihe "Frauen in der Games-Branche in Baden-Württemberg" möchte die Redaktion der MFG Kreativ das Engagement und die Darstellung von Frauen in diesem Markt und in Computer- und Videospielen genauer untersuchen. In den kommenden Wochen stellen wir Frauen in unterschiedlichsten Positionen vor und beleuchten das Engagement von Frauen in diesem Markt, blicken auf ihre Darstellung in den Computerspielen und zeigen ihre Perspektiven und ihre Präsenz in der Branche.
Wie würdest du die aktuelle Situation der Games-Branche in Baden-Württemberg beschreiben?
Nicht nur in Baden-Württemberg, sondern deutschlandweit befindet sich die Games-Branche derzeit in einer schwierigen Lage. Viele Studios mussten sich verkleinern oder sogar schließen. Ein wesentlicher Grund dafür ist das Fehlen ausreichender Förderungen sowie die derzeitige Schwierigkeit, Investoren zu finden. Viele Publisher halten sich mit finanziellen Unterstützungen zurück. Zwar gibt es Förderungen, wie die der MFG Baden-Württemberg. Aber auch diese sind begrenzt. All das führt dazu, dass immer weniger neue Studios gegründet werden. Bei uns wäre es genauso gewesen – ohne eine finanzielle Förderung der MFG Baden-Württemberg, hätten wir nicht starten können.
Wie bewertest du den Frauenanteil in der Games-Branche in Baden-Württemberg?
Ich freue mich sehr zu sehen, dass der Anteil von Frauen in der Games-Branche zunimmt. In Gründungsteams sind immer häufiger auch Frauen vertreten. Letztes Jahr war ich in der Jury des Developer Boost der MFG Baden-Württemberg und habe dort viele gut durchmischte Teams gesehen.
Bringen Frauen spezielle Perspektiven in die Games-Branche ein?
Diversität insgesamt bringt sehr viel. Unterschiedliche Geschlechter, Ethnien und Hintergründe tragen zu neuen Perspektiven bei. Im Triple-A-Bereich (Tripple A ist eine informelle Klassifikation in der Videospielindustrie, die Videospiele von mittelgroßen bis großen Publishern bezeichnet, die in der Regel höhere Entwicklungs- und Marketingbudgets haben als andere Spielkategorien, Anm. d. Redaktion) sehen die Spiele oft sehr ähnlich aus und haben häufig denselben, stereotypischen Hauptcharakter.
Personen mit unterschiedlichen Blickwinkeln und Interessen sorgen dafür, dass die Spiele vielfältiger und die Genres abwechslungsreicher werden. Ein gutes Beispiel sind die Cozy Games (Anders als im klassischen Gaming steht hier nicht der Wettkampfcharakter oder das Vorankommen im Vordergrund, sondern die Unterhaltung ohne Druck. Anm. d. Redaktion), die oft von Frauen entwickelt und gespielt werden. Es wäre jedoch zugespitzt zu sagen, dass nur Frauen diese Art von Spielen entwickeln.
Gibt es Netzwerke oder Netzwerkveranstaltungen für Frauen in der Games-Branche in Baden-Württemberg?
Es gibt deutschlandweit Treffen wie das „Fem Devs Meetup“ (Treffen,Vernetzungsveranstaltungen in Deutschland für Frauen, Randgruppen und Verbündete, die sich für die Spieleindustrie interessieren, Anm. d. Redaktion). In Baden-Württemberg gibt es jedoch noch keine spezifischen Ableger solcher Veranstaltungen.
Wie ist dein Eindruck bei Netzwerkveranstaltungen hinsichtlich des Frauenanteils und welche Erfahrungen hast du gemacht?
Der Frauenanteil variiert stark, je nach Veranstaltung. Beim „Fem Devs Meetup“ sind fast nur Frauen anwesend, was es einfacher macht, Kontakte zu knüpfen. Im Raum Stuttgart und Ludwigsburg gibt es auch einige Stammtische. Als ich in der Games-Branche anfing, war ich oft die einzige Frau, aber das hat sich mittlerweile geändert. Das Wort „Stammtisch“ schreckt viele ab, da es bestimmte Assoziationen weckt und man sich möglicherweise nicht willkommen fühlt. Das führt dazu, dass diese Treffen manchmal nicht besonders divers sind.
Was muss deiner Meinung nach getan werden, um Frauen noch stärker zu fördern?
Schulen könnten frühzeitig ansetzen, indem sie Mädchen im Informatikunterricht gezielt fördern und ihnen zeigen, dass dieser Bereich spannend ist. Auch große Firmen können viel bewirken, indem sie sich weiterbilden und verstehen, was Diversität bedeutet. Dazu gehört auch die Schulung der Mitarbeiter*innen. Ein erster Schritt wäre, sich Hilfe zu holen, wenn man in diesen Bereichen Verbesserungsbedarf hat.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Personen bei einer Veranstaltung überwiegend nur mit meinem Mann sprechen, wenn wir erwähnen, dass wir ein Paar sind. Wir haben daraus gelernt und sagen nun nicht mehr, dass wir ein Paar sind, wenn wir gemeinsam irgendwohin gehen. Das ist jetzt einige Jahre her und seit ich in der Branche selber einige Leute kenne, hat sich das schon geändert.
Zum Schluss, sag uns noch dein Lieblingsspiel, dass du unbedingt empfehlen würdest.
Momentan spiele ich fast nur Genshin Impact – das ist derzeit mein Lieblingsspiel. Ich mag vor allem die Exploration. Es gibt immer wieder neue Gebiete und deshalb auch immer wieder etwas Neues zu erkunden und die Environments sehen auch einfach meistens sehr schön aus. Ist die richtige Mischung aus entspannenden (einfach mal 10 Minuten einen Berg hochklettern und runtergucken :D) und spannendem Gameplay.