Good Practice: Stadtmuseum Pforzheim

Selbstverständnis: Dezentral in einem Stadtteil Pforzheims gelegenes Museumsareal in historischem Ambiente mit viel Zukunftspotenzial für eine zunehmend diverse Stadtgesellschaft.

Ort, Landkreis: Pforzheim

Sparte: Stadtgeschichtliches Museum

Team: 2 hauptamtliche Kräfte (mit ca. 10% der Wochenarbeitszeit), ein freier Mitarbeiter, eine Honorarkraft (Betreuung Raum 243)

Trägerschaft: Kulturamt der Stadt Pforzheim

Neue Räume für die Stadtgesellschaft

Vom Stadtmuseum zum Museumscampus: Zeitgemäße Lern- und Entwicklungsräume für Kinder und junge Menschen

Neue Räume machen eine Stadtgesellschaft ZUKUNFTSSTARK: Das Stadtmuseum Pforzheim hat im Wechselausstellungsbereich mit Raum 243 einen Möglichkeitsraum geschaffen – mit Creator Space, Coworking Bereichen und einer Chillout- und Gaming-Area. Gemeinsam mit Jugendlichen aus der benachbarten Werkrealschule wurde der Raum nach ihren Bedürfnissen gestaltet und der Grundstein für den Museumscampus gelegt. Hierbei geht nicht um Lehre, sondern um Partizipation, vielfältige Aneignung sowie Bildung als Erfahrung zur Selbstwerdung in einer hochkomplexen Welt. Inzwischen gibt es Kooperationen mit einer Jugendfreizeitstätte im Quartier, dem ansässigen Bürgerverein und Familien. Die Nachbarschule und andere Fachämter nutzen Raum 243 für Workshops und Projekte. Außerdem haben Kitas und Schulklassen hier einen neuen Atelierraum für analoge und digitale museumspädagogische Aktivitäten.


Warum ist das ZUKUNFTSSTARK-Projekt für Ihre Einrichtung wichtig?

Raum 243 ist Motor und Impulsgeber für die nachhaltige Entwicklung eines (veralteten) Stadtmuseums mit sehr begrenzten finanziellen Ressourcen. Mit den Fördermitteln konnten wir einen Entwicklungsprozess in Gang setzen, der nach innen (Museum, Kulturamt, Stadtverwaltung) und nach außen (neue Zielgruppen, Publika) wirkt. Durch die angeschaffte Ausstattung hält Raum 243 attraktive und innovative Angebote für Individualbesuchende wie für Gruppen bereit, und fördert die Öffnung des Museums im Sinne kultureller Teilhabe für alle.

Welche Schritte haben Sie unternommen und was haben Sie erreicht?

Seit Dezember 2022 haben wir mit Fokus auf Beziehungsarbeit den Wechselausstellungraum gemeinsam mit einer Projektgruppe Jugendlicher gestaltet. Raum 243 ist als „Freizeitraum“ für die Jugendlichen an drei Nachmittagen pro Woche geöffnet. Wir stellen ihn zudem neuen Partnern als Projekt- und Workshop-Raum zur Verfügung. Gleichzeitig konnten wir die Potenziale des gesamten Museumsareals aufzeigen, die in Zukunft auch dank WLAN und digitaler Ausstattung verstärkt genutzt werden sollen. Mit neuen Formaten der Kulturellen Bildung für Kitas und Schulklassen weiten wir die Möglichkeiten von Raum 243 auf den gesamten Museumsbereich aus.

Was war die größte Herausforderung? 

Zum einen, in Zeiten eklatanten Personalmangels und Change-Prozessen agile Projektentwicklung und strenge Verwaltungsabläufe zu „harmonisieren“. Das galt insbesondere für die technische Ausrüstung wie die WLAN-Installation oder den Starkstromanschluss. Herausfordernd ist auch, die Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen und weiteren Zielgruppen aufzubauen, den Kontakt zu halten und zu pflegen. Und auch geeignetes Betreuungspersonal (freie Honorarkräfte) für Raum 243 zu finden, das sich längerfristig verpflichtet, damit die Besuchenden stets dieselben Ansprechpersonen haben.

Inwiefern trug die ZUKUNFTSSTARK-Beratung zur nachhaltigen Umsetzung des Projektes bei?

Das Coaching hat uns in unseren Projektentscheidungen sehr bestärkt und unterstützt. Etwa bei der Maßgabe „Qualität vor Quantität“ oder organisches Wachstum, was die Besucherzahlen anbelangt. Und immer wieder der Hinweis, dass es um den Prozess geht. Wir haben von Coach Anke von Heyl viel Ermutigung erfahren und in der Endphase des Projekts noch das Thema Storytelling aufgenommen, von dem wir uns zukünftig eine nachhaltige Öffentlichkeitswirkung erhoffen. 

Gibt es Lessons Learned oder eine wichtige Erkenntnis, die Sie mit Mitarbeiter*innen von anderen Kultureinrichtungen teilen möchten?

  1. Beziehungsarbeit kommt vor Sacharbeit! Ohne eine Vertrauensbasis mit Zielgruppen zu schaffen, die wir nur schwer erreichen, ist Kooperation kaum machbar.
  2. Mehr Geld für Honorar- oder Personalmittel sowie einen höheren Betreuungsschlüssel ansetzen, da die Betreuung solcher Angebote ein hoher personeller Aufwand ist, der in fordernden Zeiten kaum zusätzlich zum normalen Alltagsgeschäft erledigt werden kann. Wir wollten möglichst viele Mittel in die Infrastruktur des Museums investieren, da wir mit unseren Budgets diese Investitionen sonst hätten nicht vornehmen können.
  3. Zu lernen, sich von nicht realisierbaren Projektideen frühzeitig zu verabschieden (Thema Außenbeleuchtung).
  4. Projekte wie Raum 243 brauchen interdisziplinäre Projektteams. 

Wie geht es mit Ihrem ZUKUNFTSSTARK-Projekt weiter? 

Wir werden den Wechselausstellungsraum bis Ende 2024 als Raum 243 weiter betreiben und versuchen, weitere Interessensgruppen für die Nutzung zu gewinnen. Danach denken wir über eine Hybridlösung nach, die Ausstellungswesen und die Möglichkeiten von Raum 243 zusammendenkt. Die Museumspädagogik im Haus wird den Raum künftig als Atelier- und Werkraum nutzen. Ausgehend von Raum 243 stellen wir Überlegungen an, wie wir das gesamte Museum nachhaltiger ausgestalten können, auch mit Blick auf den Umgang mit einer völlig veralteten Dauerausstellung. 

Was macht für Sie eine „zukunftsstarke“ Kultureinrichtung aus? 

Eine Einrichtung ist zukunftsstark, wenn sie es schafft, aus (konsumierenden) Besuchenden Beteiligte und Nutzende zu machen, die aktiv und auf Augenhöhe an der Museumsentwicklung mitgestalten und damit auf den höchsten Stufen der Partizipationsleiter nach Nina Simon agieren. Ein zukunftsstarkes und nachhaltiges Museum setzt den Fokus auf die Zukunftskompetenzen: Kommunikation, Kooperation, Kreativität, kritisches Denken, bürgerschaftliches Lernen und aktiver Teilhabe.

Projektbeteiligte und Kontakt

Claudia Baumbusch: Stellvertretende Kulturamtsleitung, Projektleitung von „Raum 243“ (Telefon: 07231 - 392334)

Eleni Engeser: Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Museen

Daniel Autenrieth: Informatiker, Medienpädagoge und Berater

Loretta Hoffmann, Dilara Gürsoy, Dilara Derici und Maria Margic: Betreuerinnen von „Raum 243“

Alina Buchmann, FSJ Kulturamt und Betreuerin von „Raum 243“

Coaching: Anke von Heyl, Kulturberaterin

 

Website: raum-243.de

Die MFG Baden-Württemberg begleitete das Projekt 2022/23 im Rahmen des Investitionsprogramms ZUKUNFTSSTARK im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg.